Den geilen Leuten Mut machen

Feine Sahne Fischfilet: Zuhause (2018)

„Zuhause heißt –
wenn dein Herz nicht mehr so schreit
Zuhause heißt –
wenn die Angst der Freundschaft weicht
Zuhause heißt –
wir schützen uns, alle sind gleich
Zuhause heißt –
wenn dein Herz nicht mehr so schreit“

Feine Sahne Fischfilet: Zuhause

Wenn man jung ist und links, kann man es leichter erwischen als in Mecklenburg-Vorpommern aufzuwachsen. Dort hat die AfD bei der Landtagswahl 2016 über 20 Prozent der Stimmen geholt, die Zahl rechtsextremer Gewalttaten ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Auf Schulhöfen werden CDs mit Rechtsrock verteilt. Jugendliche, die nicht ins Weltbild der Rechtsextremen passen, wachsen mit deren Einschüchterungsversuchen auf.

Externer Link: Wenn Sie auf das Bild klicken, öffnet sich in einem neuen Tab ein youtube-Link mit dem Song

Die Punkrockband Feine Sahne Fischfilet, 2006 von Schülern gegründet, hätte es sich einfach machen können und nach Hamburg oder Berlin ziehen, weg von dem Ärger. „Bleiben oder gehen“ hieß eines ihrer Alben, und sie haben sich fürs Bleiben entschieden. Auf keinen Fall wollen sie sich einschüchtern lassen. „Ich würde mich immer auf die geilen Leute konzentrieren, die es überall gibt“, sagt Sänger Jan „Monchi“ Gorkow.

Wenn der Begriff nicht so nach Schlagerband klingen würde, könnte man sagen: Feine Sahne Fischfilet ist heimatverbunden. Ihr Song „Zuhause“ beschreibt eine solidarische Alternative zum manchmal schwierigen Heimatbegriff. Vor allem klingt „Zuhause“ nicht nach Abgrenzung zu Fremden: Dort, wo die Band sich zuhause fühlt, soll sich jeder wohlfühlen. Und dazu gehört, dass man sich gegenseitig schützt.

Auch als die Band schon längst auf großen Bühnen spielt, tingelt sie weiter durch Dörfer und Kleinstädte und zeigt den „geilen Leuten“, dass sie nicht allein sind. Vor der Landtagswahl 2016 in Mecklenburg-Vorpommern macht sie ihnen mit der Kampagne „Noch nicht komplett im Arsch“ Mut. In Anklam organisieren sie ein Konzert, bei dem auch Campino von den Toten Hosen und der Rostocker Rapper Marteria auf der Bühne stehen. Sie ernten Lob von unerwarteter Stelle: Bundesjustizminister Heiko Maas twittert am Tag darauf: „Tolles Zeichen gg Fremdenhass u Rassismus“.

Das gefällt nicht allen. Zunächst einmal antwortet die Band dem Minister: „Auch deine SPD glänzt nur mit Abwesenheit in Regionen wie Anklam.“ Und der CDU-Innenminister des Landes MV findet Maas‘ Verhalten „unanständig der Polizei gegenüber.“

Der Grund: Noch 2011 meinte der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommerns in den frühen Texten der Band eine „explizit anti-staatliche Haltung“ zu erkennen, sah sie als „politischen Zusammenschluss“ und als Teil der linksextremistischen Szene. Die Band klagte gegen die Beobachtung, erst seit 2015 taucht sie nicht mehr im Bericht auf.

Es ist absurd, dass wir da drin standen“, sagt Monchi in einem Interview auf dem Nachrichtenkanal Tagesschau 24. Das Misstrauen zwischen Staat und Band ist durchaus gegenseitig: „Dieser Verfassungsschutz hat damals mehr über uns geschrieben als über alle Nazibands in Mecklenburg-Vorpommern zusammen, mehr als über den NSU – und der hat in Rostock gemordet, der hat in Stralsund Banküberfälle begangen.“

Die Veröffentlichung ihres jüngsten Albums „Sturm & Dreck“ feierte die Band mit einem Konzert in Loitz, dem 4.500-Seelen-Ort, eine halbe Stunde südwestlich von Stralsund, wo sie gegründet wurde und ihren Proberaum hat.

(Text: Martin Kaluza, Juni 2018)

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